Mittwoch, 15. Juni 2011

Das Ende des Mysteriösen

Spannung. Aufregung. Der Blick enthüllt nicht alles, lässt einen mit Vermutungen zurück. wir schauen unser Gegenüber an und hoffen auf Enthüllungen an einem anderen Tag. Hoffen auf Menschen, die nicht in eine Geschichte passen, die die biographische Erzählung sprengen. Das 'Dahinter' erklärt unsere erotische Spannung zu dieser Welt. Hat sich dies je geändert?

Nein. Zumindest nicht die Kraft, die unserer unbefriedigten Neugierde weiterhin innewohnt. Es gibt jedoch inzwischen einige Akteure, die sich vollständige Befriedigung, vollständige Transparenz als Utopie ersinnen. Sie wollen alles sehen, jedes Abbild durchdringen, jede Datensammlung der privaten Hand entreißen. Sie erhoffen sich von der Offenheit eine rationalere Welt, in der keine Macht mehr Unfug treiben kann. Um es mal auf den Punkt zu bringen: kein Schutz für sensible Daten. Und bildlicher: Kein Pushup, keine Schminke, keine Intrigen für alle.

Was ist dies für eine Philosophie, sollte dies zum Trend werden? Wir (Menschen, die kritisches Denken gelernt haben) kennen dieses als 'Kontrollgesellschaft': das Individuum, das sich selbst diszipliniert. Der panoptische Effekt macht uns zu paranoiden Wesen, die nicht mehr auffallen wollen außer als normal. Meist sogar protonormal. Nur weil wir uns jederzeit so benehmen als beobachte man uns. Aber diese Beblickten gab es schon immer. Zumindest lange schon. Bei Transparenz geht es aber eigentlich um ein Problem des Blickenden, der mit seinem Handeln das zu zerstören sucht, was ihn reizt: das Myteriöse, das Geheime.

Was mach-erleben die Blickenden? Wenn sie keine Tiefe, nichts mysteriöses mehr entdecken können? Wenn ein Mensch schnell bewertet erscheint - sei es durch die Konzentration dieser Person auf Oberfläche oder transparente Onlinespuren - und dies auch als Ideal in dieser Welt bestehen würde? Nehmen wir dem Menschen mit dem Geheimnis nicht auch einen Teil seiner Würde? Wer Menschen nach gemessener Ähnlichkeit gruppiert könnte wohl auch Zuchtmeister für Persönlichkeitsarier werden... zu viel Wahrheit?

Leider, liebe erwachsene Förderer dieser Spackeria-Idee, gibt es des Weiteren sehr sehr viele Menschen auf dieser Welt, die Tiefe noch nicht besitzen und dieser objektiven Welt, die ihr beschreibt, noch nichts entgegensetzen können. Außer ihre Körper und normalisiert, vorstrukturierte Biographien mit Sexcounter, Berufsleben und Luxus-Teilhabe. Wir nennen sie (bisher) Kinder. Eure Utopie kennt keine Kinder. Schon mal drüber nachgedacht?

Ich will, dass in dieser Welt neue mysteriöse Menschen entstehen können, die sich nicht in gespielter Arroganz, Pornoaura-Chic und Geld-ich-habe-unnötig erschöpfen. Transparenz ist etwas zutiefst unmenschliches, da es das Werden disqualifiziert und nur noch Sein kennt. Spackeria, ihr Ideologen, eure Kinder gehören eine Woche in die Irrenanstalt mit 24 Stunden Kameraüberwachung. Warnschussarrest nennt man das.

Zeit: transparent
Zustand: das wüsstet ihr wohl gerne! Eure Phantasie...
Anlass: Spackeria sind einfach Amateur-Geisteswissenschaftler

2 Kommentare:

  1. Es ist immer so viel von Orwell die Rede. Die Leute sollten vielleicht auch mal wieder Huxley lesen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6ne_neue_Welt

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  2. Immer einen Blick wert. Den meisten Orwell-Lesern ist aber auch Huxley wahrscheinlich bekannt. Selbstdisziplinierung haben ja beide irgendwie zum Thema.. Mit Kontrollgesellschaft meine ich speziell das hier:

    http://www.fluter.de/de/74/lesen/7296/

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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!

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