Montag, 11. Oktober 2010

Coke Light: Frauen sollten nur zum Schlucken den Mund aufmachen!

Nach den allgemeinen Aufregungen der letzten Postings nun mal wieder was Konkretes. Zumindest ein konkretes Bewegtbild-Produkt: Mir ist schon lange nicht mehr eine Werbung so böse aufgestoßen, wie diese Coke Light Verirrung, die jungen Frauen das Schlucken beibringt.

Da kommt eine "Chefin" mit zwei Assistenten rein und lädt einer Mitarbeiterin Akten auf den Tisch mit der Gouvernanten-Ansage: heute noch! und zischt ab. Auch wenn der Vorgesetzte untypischerwiese kein Mann ist: das kleine Mäuschen bekommt keinen Ton in Richtung Chefin raus und beschwert sich... Tadaaa: nicht über die Arbeitsverhältnisse sondern selbstmitleidig-wütend über das unausweichlliche Schicksal mit einem Frustgrunzen. Die moderne Frau von heute muss alles schlucken, wenn sie bestehen will: eine alte Männerphantasie..

Dass man auf der Arbeit nicht aufmucken darf, wird durch das Großraumbüro voller Konkurrentinnen - alles aufgebrezelte junge Püppchen in Minirock-Wespentaille-Magersucht-Ästhetik - symbolisiert, die die Protagonistin in der Werbung darin bestätigen, dass das immer so sein wird und völlig normal ist, dass man dominiert wird. Alle hängen an Marionettenfäden und sind nur Spielzeuge in den Händen von anderen, und der einzige richtige Umgang mit dieser Situation wird in der Werbung mit dem Ausspruch: "Nimm's leicht!" betitelt. Gemeinsam sind wir schwach.. na großartig!

Die spontane Solidarität im Großraumbüro äußert sich dann in einem bedeutungsschwangeren Synchron-Tanz, der durch die Kurvigkeit der Püppchen mehr eine Männerblick-Performance oder Cheerleader-Action (wo ist da der Unterschied? Mmhh) darstellt, denn einen Freudentanz. All die von ihrem Karrierewunsch geformten Körper klappern mit toten Augen wie Skelette oder mit üppigen Rundungen und Accessoires ausgestattete Magermodels auf ihren Arbeits-Highheels in Richtung Cola-Automat. Die Cola Light als der Stoff, der die Unterdrückung und Ausbeutung erleichtet.. eine tolle Message! "Gluck Gluck" und danach wieder "Schluck Schluck".

Sieht eine rein weibliche Arbeitswelt so aus? Grausamer Anpassungsdruck, Härte gegen Schwache die sich nicht wehren können, heuchlerische Solidarität, gemeinsame Schwäche als verbindendes Element, Duck-Mentalität, Aufbrezel-Konkurrenz als würde im nächsten Moment entweder der Traummann oder ein Pornoproduzent das Büro betreten, Konsum als einziger befreiender Moment im Alltag, rippige Tussis, die Coke Light mit richtigen Mahlzeiten und Erlösung verwechseln?

Was auch immer die Firma und die Agentur sich dabei gedacht haben - ob sie die Idee mit den Marionetten so originell fanden, weil das so schwebend "light" aussah und sich dann in der anspruchsvollen Umsetzung verloren haben, ob sie die Lebenswirklichkeit von ihrer Zielgruppe wiedergeben wollten, die mit Hübschsein und Arbeiten und dem dauernden Druck bei lediglich Salat-Mittagessen ohne Frühstück überfordert ist, ob sie tatsächlich glaubten, sie würden Frauenpower inszenieren -, es ist in seiner Normalisierung in meinen Augen verwerflich. Ein solches Bild devoter Frauen, die nicht nur Püppchen sondern auch noch Dummchen sind ("Ach: mach Dir nichts draus": So ist das Leben im Menschenhändlerpuff nunmal: Trink ne Coke!)  will ich im Fernsehen irgendwie nicht sehen. Das tut mir richtig weh!

Zeit: noch während der Kampagnie
Zustand: Fernsehen und Bier
Anlass: Die Welt gewöhnt sich an "ich mach alles"-Frauen

4 Kommentare:

  1. Ich hab mir die Werbung noch nie bewusst angeguckt (soviel zu Wirkung der Werbung...). Wird aber jetzt mit jedem Mal schlimmer!

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  2. Das ist natürlich ganz in meinem Sinne.. :) Letztlich muss sich die Zielgruppe dieser Kampagnie mal den Masochismus eingestehen, der da so selbstverständlich in Menschenbilder gegossen wird. Da die Macher der Werbung wahrscheinlich gleichzeitig zur Zielgruppe ihrer Werbung gehören, könnte es sich auch um einen versteckten Hilfeschrei handeln: "Helft uns armen Ausgebeuteten Agentur-Sklaven! Bei uns essen sie Praktikanten!" Ist aber unwahrscheinlich bzw. wohl sehr unterbewusst geschehen. Die Branche kommentiert sich zumindest selbst.

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  3. Das ist genau meine Meinung zu dieser Werbung.. wahrscheinlich wird sie von der angesprochenen Modemagazin konsumierenden Zielgruppe auch noch als chic und modern empfunden, es entspricht ja in etwa dem Stil der in gewissen Zeitschriften propagiert wird. Ich finde es einfach nur erschreckend. Gleichzeitig wundere ich mich, dass es die Werbung trotz dieser Magersuchtsmarionetten-Problematik tatsächlich bis ins Fernsehen geschafft hat.

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  4. Ich denke, Coke Light kennt einfach seine Zielgruppe sehr genau: Warum trinkt man Coke Light? Weil man an diese in der Werbung dargestellte Welt glaubt bzw. sie für die harte Realität hält aber sie dadurch eigentlich erst real macht. Emanzipation ist weiterhin ein verdammt hartes Stück Arbeit am eigenen Denken... Dass diese Werbung so wenig Aufruhr provoziert hat, zeigt, dass die Zeiten wieder auf Schlucken stehen: Man macht es sich wieder einfach..

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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!

Copyright

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Als Quelle ist immer "drunken news" zu nennen.

Glücklicherweise war das Weblog, das diesem Verfahren ausgesetzt war, bereits mit einer cc-Lizenz ausgestattet.

Das automatisierte Verfahren des oben genannten Anbieters funktioniert wie folgt: Er ruft aktuelle Sucheingaben bei Google ab (im Falle dieses Blogs z.B. "drunken news"), crawlt den Content des ersten Inhalts/Postings, veröffentlicht diesen auf seiner Seite in quasi-zitierter Form, behauptet, der Content wäre von dem jeweiligen Blogger (mit Namensnennung) auf seiner Seite geschrieben worden, verlinkt den Suchbegriff auf seiner Hauptseite mit dem geklauten Inhalt in seiner Seite. Da seine Seite SE-optimiert ist, werden besonders bei kleineren Blogs seine geklauten Inhalte höher gerankt und führen somit zu Fehlclicks auf die falsche Homepage.