Vielleicht geht es nur mir in meinem durch Alkoholika staunenden Kopf so, aber ich habe das Gefühl, wir sind uns der Effekte eines Leben in Netzen noch nicht ganz bewusst. Wenn man Menschen noch Fragen zu dem Sinn einer Tätigkeit im z.B. Internetz beantworten muss, ist das schon ein schlechtes Zeichen. Die Daseinsberechtigung von menschlichen Produkten erklärt sich gerade nicht aus der alten Welt, die sich in klaren Systemen und deren Sinnproduktion dachte. Es tut mir Leid, liebe aus Luhmann Erwachsene.
Ja ja, is ja gut: ich kenne die Vereinnahmungen des Begriffs 'Kommunikation' durch Luhmann. Es bleibt das Probelm des Deduktiven, das so viel Neues nur verkarmpft erklärt; wahrscheinlich, weil der Student den Jugendhelden des Professors an den Haaren herbeiziehen muss, um die Nackenhaare seines zukünftigen Prüfers zu schonen und seine autopoeitische Ruhe nicht zu stören. Das alte Denken existiert ja auch noch in dieser Welt: Es gab ja keine Revolution im eigentlichen Sinne der Zäsur! Wir durchleben einen ewigen Übergang über mehrere Generationen. Jetzt aber zum Neuen.
Zunächst mal ist der Aspekt Input/ Output völlig verwirrt. Das Publizieren ist so einfach geworden, dass jeder auf verschiedenen Plattformen bereits Outputter ist. Der reine Konsum kommt vor: klar. Aber eine wirkliche Bedeutung haben in einer Welt, der die räumliche Nähe inzwischen scheiß egal ist, nur die Dinge (und auch Menschen), die kommunizieren. Dieses Kommunizieren hat die Form des Dialoges durch Publikationsnetzwerke, wie z.B. Facebook oder Twitter, längst verloren. In Zukunft wird es eher um individuelle kurzlebige Phasen gehen, in denen man Input oder Output wünscht und generiert.
Der Aspekt 'Sinn' ist ebenfalls sehr fluid geworden. Warum gewisse Dinge populär werden, hat nicht unbedingt etwas mit Zustimmung oder Ablehnung zu tun, sondern allein mit ihrem Aufregungspotenzial; sie werden allein deshalb verbreitet, weil sie quasi Gesten der Unterhaltung sind, in denen man - so tautologisch das auch klingen mag - ein Weiterverbreitungspotenzial sieht. Ihre Daseinsberechtigung ist also ihr Erfolg und nicht mehr ihr durch Gatekeeper definierter, meist normativ-bürgerlicher oder wirtschaftlicher Wert. (Ja ja ja: es gibt noch Agenda Setting, klar. Ich erlaube mir hier, den Ist-Zustand mal den Kommunikationswissenschaftlern zu überlassen; auch den foucaultschen Diskurs lasse ich jetzt mal außen vor).
Ich meinerseits vermute, dass die Zahl derjenigen, die bereits eine Meinung haben bzw. die sich gefestigte Positionen für ihr Ego wünschen, größer sein wird, als diejenigen, die sich inspirieren lassen wollen - eine Altlast des bürgerlichen, gesetzten Individualismus. In dieser Hinsicht sähen sich verhältnismäßig mehr als Outputter bzw. Feststeller, denn als Inputter/ Leser/ Zuschauer.
Funktioniert dieses Ungleichgewicht? Man macht sich Objekte, die durch die Netzwerke auftauchen, gemein, verbreitet sie als etwas eigenes und nutzt sie, um sich selbst nach außen zu bestätigen. Die Grenzen verschwimmen hier zunächst; mit dem kleinen Unterschied, dass Konsum oder das "Konsumat" eher als eigenes Produkt gefühlt wird und gerade die Verbreitung oder Filterung den Sinn in Netzwerken ausmachen. (Kommt mir jetzt nicht mit Luhmann nur weil Ihr ein Schema erkennt! Ich will auf etwas anderes hinaus)
Aber was passiert mit den Netzwerken, wenn sie überwiegend durch Output-Phasen sich setzender Individuen dominiert werden, die an der Sinn-Produktion im oben beschriebenen Sinne nicht mehr teilnehmen, da sie zwar Feststeller sind aber keine eigenen Aufregungen außer Smalltalk mehr produzieren? Sie (die Netzwerke) werden paradoxerweise jugendlich.
Das Hype-Verlangen im Netz wird immer Outputter finden, die noch an Inspiration glauben und poetisch handeln. Dies sind gewohnheitsgemäß die nachwachsenden, jungen Generationen und Halbstarken mit ihren Sturm und Drang-Phasen. Es wird auch weiterhin eine kleinere Zahl von Kreativ-Journalisten, Sender-Künstlern und Verschwendungs-Intellektuellen geben, denen eine größere Zahl von Konsumenten gegenüberstehen. Leider werden letztere jedoch den geleisteten Input der intelligenten Inspiratoren als ihren eigenen Output im Netz wahrnehmen und für die inspirierende, für manche ungreifbare Leistung selten zahlen: Traurig aber wahr.
Die einzige Verantwortung, die man auf der Basis eines Netzwerkes, das auf Verbreitung basiert, ausüben kann, ist, zu kommunizieren. Doch auch das ist vielen einfach schon zu viel. Der Mausklick (ob share. like oder retweet), der einer zu viel wäre, da viele immer noch an die Existenz von Autoren glauben, für die sie nicht verantwortlich sind. Wer sich selbst als reiner Outputter versteht, ist veraltet und hat die Netzwerkgesellschaft nicht verstanden. Das Ungleichgewicht zwischen wenig Inputtern und mehr Outputtern kann auf Dauer nur auf Hobby-Ebene funktionieren und wird aufwendig produzierten Input stetig umwerten, wenn ihn keiner konsumiert.
Wenn wir unsere Kommunikation in Publikations-Netzwerke verlagern (hiermit meine ich nicht das simple Internet) dürfen wir die inspirierenden Objekte dieser Welt nicht mehr länger als gegeben ansehen. Wir müssen Verantwortung für deren Kommunikation im Sinne der Aufregung, der Verbreitung und Würdigung übernehmen, wenn der zukünftige Sinn kein pubertärer sein soll. Die Zeiten des 'Spielzeuges Netz' sind vorbei: Lasst uns endlich auf Tore spielen und nicht so tun, als sei das entstehende Netz keine effektive Wirklichkeit, sondern ein verrückter "Cyberspace" in dem nur ein Paar verirrte Ghetto Kids abhängen! Wer nichts aufnimmt, der existiert nicht in der Netzwerkgesellschaft - und das zu kommentierende vielleicht bald auch nicht mehr. Take care!
Zeit: Zeit? Es wird langsam Zeit!
Zustand: Überschrieben und endlich am Ende: Gute Nacht!
Anlass: Geisteswissenschaftler verpennen das Internet
DISKURS: Kant zu Moral, Natur und Freiheit
vor 4 Tagen
Nicht mein stärkster Beitrag.. Etwas wirr durchaus. Das Inputter/Outputter-Konzept müsste noch etwas klarer gefasst werden. Na ja: die Entschuldigung ist ja in diesem Blog strukturell angelegt ;)
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