Sonntag, 19. Dezember 2010

Klickoptimierte Freizeit

Musste gerade mal die Tastatur aus der Hand nehmen, um etwas Abstand zu gewinnen und schreibe old school auf Papier. Als Bildschirm-Manager unterscheidet sich in unserer Zeit der optimierte Work-Flow nicht vom Freizeit-Flow: man managt den Screen mit Arbeitsroutinen.

Finde es wirklich erstaunlich, wie viele schnelle Informationen der Mensch mit den richtigen Hilfsmitteln für sich steuern kann. Solange man die Dinge als Werkzeug benutzt und die Werkzeuge nicht dich benutzen, ist alles in Ordnung. Dass die Zeit in der ich mich von der Arbeit erholen sollte, von Bewegungen und Settings dominiert wird, die ich den ganzen Tag auf der Arbeit bereits genießen durfte: irgendwie komisch.

Will hier gar nicht auf die alte Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Raum hinaus. Mir geht es eher um das Volumen von Plattform-Daten, Social News Streams und Accounts, die einen schlichtweg zwingen, in der Freizeit zu "arbeiten".

Der Arbeitsalltag hat sich gefühlt um zwei Stunden verlängert - nähme man "Klickarbeit" als Maßstab. Er zwingt dich zu Optimierung. Die Schizophrenie von Mehrfach-Emailadressen, Fake-Profilen und Accounts ohne Klarnamen wird ausgemerzt, denn alles legt dir nahe, zur Optimierung Dinge von dir preiszugeben, jeder Service will Dein wahres Ich kennen. Die Konsolidierung Deines Ichs als Zeitersparniss ist ein interessanter, seichter Druck in Richtung des bürgerlichen Ernstes.

Bin überhaupt überrascht, wie viele Menschen bei Browser-Games, öffentlichen Tipprunden und auch bei Downloads Klar-Namen und Hauptemailadressen angeben (und sich später dann über Spam und anderes beschweren). Anonymität ist immer eine Qualität der Stadt gewesen. Sobald wir das aufgeben, leben wir sozial im Dorf. Es lebe das Alter Ego, es lebe das Pseudonym, es lebe der Nickname im Netz! Auch wenn das ein bisschen Arbeit bedeutet..

Zeit: tief nachts 
Zustand: das letzte Bier stehengelassen 
Anlass: Soziales Abarbeiten.

1 Kommentar:

  1. ENDLICH WIEDER ETWAS ZU LESEN!
    ...passt irgendwie zum Thema :-)

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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!

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Als Quelle ist immer "drunken news" zu nennen.

Glücklicherweise war das Weblog, das diesem Verfahren ausgesetzt war, bereits mit einer cc-Lizenz ausgestattet.

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