Der/die/das hiesige Blog hat sich ja verpflichtet, die Zustände des Autors nicht auszublenden, sie auch nicht selbstmitleidig zu beklagen, sondern sie nutzen. Das was andere Krankheit, Irrsinn, Wahnsinn und gedanklichen Kontrollverlust nennen mögen, beweist sich immer wieder als schöpferischer Moment den - im wahrsten Sinne - niemand wahr haben möchte. Wie steht es um das Spannungsmanagement in unserer Gesellschaft
Wie ich schon öfter in diesem Blog angemerkt habe, ist das Normale nicht normal. Hört sich trivial an, ist es aber nicht. Das Bild, das uns von einem normalen Leben vorschwebt, ist - neben der Tatsache, dass es nicht von uns kommt - nur für einen ganz kleinen, aber sehr sichtbaren Teil unsere Gesellschaft der Fall und in Erfüllung. Man muss also davon ausgehen, dass die Differenz, die Viele zu diesem vermeintlichen Ideal aufweisen, zu Spannungen führt. Wo bleibt diese?
Ich selber kontrolliere meine über- und unterschüssige Energie in vielfältige Kanäle hinein. Die Anonymität des Inets ermöglicht mir zahlreiche Alter Egos, Orte des Schaffens, des Wütens, des Liebens, des Hassens, des Brechens und des Zusammenfügens. Ich glaube jedoch nicht, dass jemand, der nur Fazebuk als Kanal nutzt, wirklich dem oben genannten Normalitätsdruck und -Diskurs ausweichen kann. Sie werden auf sich zurückgeworfen und müssen den Frust schlucken, selber verarbeiten und falschen Freunden diesen sogar verschweigen, um in einer möglichen Zukunft nicht aus diesem Kreis ausgeschlossen zu werden, kein gebrandmarktes Kind zu sein.
Es gibt Schmerz in dieser Welt und dieser wird von Normalität verursacht. Ich weigere mich hier etwas, den Neugierigen konkrete Formen zu nennen, da diese diese Aussage auf diese Beispiele reduzieren könnten. Interessant ist jedoch, dass die Normalitätserfüller - seien sie hübsch, etabliert, ordentlich oder reich - irgendwie mit der 'Unschuld' verbunden sind. Der Aspekt der Unschuld aus zwei Perspektiven: Zum einen im Sinne Reinheit, der Unverbrauchtheit, der Unbelastetheit, der Lebensstringenz zum Anderen aber - und das interressiert mich besonders - im Sinne des blinden Flecks. Sie können sich selbst nicht sehen. Sie können nicht verstehen, warum jemand ein Problem mit ihnen haben sollte. Sie sind sich keiner Schuld bewusst, nicht weil sie es nicht versuchen, sondern weil ihnen Dinge zugefallen sind, für die sie nichts können. Man kommt nicht auf die Idee, sich dafür zu entschuldigen, dass man gut aussieht. Man kommt nicht auf die Idee, sich für sein ideales Freundes-, Liebes-, Arbeits-, Wohlstandsleben zu entschuldigen.
Es fehlt dem Normalen also an emotionaler Reife und Empathievermögen. Gleichzeitig sind alle sog. sozialen Netzwerke jedoch darauf ausgerichtet, dem Normalen nah zu sein, nur einen Kanal zu besitzen, eine Person zu sein, ein Bild zu sein, das sich den kursierenden normalisierten Bildern beiordnet, zwangsweise mit diesen verglichen wird. Selbst die Momente, die früher ein anderes, ein privates Leben in einem privaten Raum ermöglichten, werden inzwischen in diesen Kontext gebracht, weil man nun realtime seine Normalität beweisen muss. Raum und Zeit bilden einen Selbstöffentlichkeitsrythmus, der Alter Egos erschwert und nur scheinbar qualitativ unterschiedlich Kanäle hat, in die man Spannungen leiten könnte.
Ich persönlich besitze 8 aktive Blogs, 2 Facebook-Profile und 2 Twitterprofile, um meine Energien zu kanalisieren. Quasi eine kontrollierte, anonyme Schizophrenie. Außerdem habe ich 5 aktive Emailadressen mit unterschiedlichen Namen und Anonymitätsgraden. Ich halte dies für die einzige Lösung und weiß doch, dass dies nicht jeder organisieren kann.
Zeit: Heute (vor Morgen)
Zustand: strunzbetrunken gestern und übelst verkatert.
Anlass: Trotzig gegen meinen langsamen Kopf ankämpfend
DISKURS: Kant zu Moral, Natur und Freiheit
vor 4 Tagen
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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!