Der letzte Freitag war kein schöner Tag. Die WM hat begonnen und hat bei mir den schlechtesten Start seit langem hingelegt. Musste das Eröffnungsspiel über nen Ticker gucken und habe daraufhin nicht mehr tritt gefasst. Die Stimmung überträgt sich nach misglücktem Auftakt nur zögerlich über die Bildschirme. Das Envolvement war bei den ersten Spielen auch relativ gering; Die Frustration über den gestörten WM-Flow (habe erst zwei Spiele komplett geguckt) hofft auf Erlösung!
Da hat man die Spannung schon am Freitag auf der Arbeit fast physisch gespürt, und die folgenden Spiele lassen Dich völlig alleine mit Deiner Euphorie: Wo sind die guten Mannschaften, von denen immer die Rede war. Wer hat diesen Auftakt so geplant? Ein Los? Oder hat tatsächlich jemand geglaubt, Mexiko, das jetzige Frankreich und Urugay würden Standards in Sachen Spielwitz, in Sachen Tore und Sensation setzen. Gleiches gilt für Griechen, bolzende Amerikaner, ewig überschätzte Engländer im Fußballrentner-Alter und Südkoreaner. Die Argentinier vertrauen auf ein Wunderkind (Ihr Christen!), das auch nicht gefährlicher wird, nur weil die Schüsse theoretisch das Tor getroffen hätten und die Nigerianer entdecken auf einmal die unaufgeregte Disziplin und lassen sich leider auf ihrem eigenen Kontinent in keinster Weise provozieren.
Zum Glück hat sich Südkorea ein Herz genommen und die Erwartungen übertroffen. Der Auftakt war trotzdem von den Paarungen her mau geplant.
Wenn ich nun mal ein Spiel schauen kann, dann kommt irgendwie keine Emotion über den Bildschirm (von unserem Wachsfigurenkabinett "Netzer-Delling" müssen wir gar nicht reden). Ich höre keine Rufe, kein Publikum, keine verbalen Ausbrüche, kein Stadion, das auf das Geschehen auf dem Platz reagiert. Ich muss hier nicht ausbreiten warum. Wahrscheinlich muss man unter Leute, um das zu kompensieren.
Alle Hoffnungen liegen nun auf einer der wenigen Mannschaften, die nicht tot-gefestigt (Ballack fehlt uns in dieser Hinsicht kein Stück) und ausgebrannt in das Turnier gehen.
Dies ist meine These (meine originäre These, denn niemand in Hör- und Schreibweite hat sie mir je so dargelegt): Wir sind die einzige Mannschaft, die immer, bei jedem Turnier weiß, dass sie sich noch steigern muss, und das ist unser deutscher, psychologischer Vorteil. Wir kommen zwar immer weit, aber niemand glaubt in Deutschland daran. Unsere skeptische Haltung macht tatsächlich unsere mentale Stärke aus, denn an uns muss niemand von außen herantragen, wie schlecht wir sind: wir arbeiten schon längst daran, dass dies verbessert wird.
Stellt Euch mal einen Spanier, einen Italiener, einen Brasilianer, einen Engländer, einen Argentinier vor, der nicht glaubt, dass sein Team das beste der Welt ist, der nicht davon ausgeht, dass sein Team bereits gut genug ist. Jeder Staatsbürger projeziert seine irrationalen Ego-Phantasien, die ihn schon im Alltag nicht weiter als in den Konflikt mit anderen Egos gebracht hat, auf die NAtionallmannschaft. Für sie ist jedes Turnier ein Selbstläufer und die Überraschung beim Ausscheiden gegen die Deutschen, auf die gerne in Hinsicht des Stolzes, des Sexappeals, des Machismo herabgeschaut wird, groß. und schmerzhaft :).
In der Hinsicht sind die Deutschen immer Favorit! Denn wir sehen den Fußball nüchtern selbstkritisch und haben keine Egoprobleme, die uns das verbieten! :)
Wünsche uns allen einen tatsächlichen Auftakt der WM heute Abend: der Spaß soll endlich beginnen!
Zeit: mittags
Zustand: unbefriedigte Erwartung und verplanter Kopf
Anlass: HAbe nichts verpasst, obwohl ich nicht alle Spiele gesehen habe.
DISKURS: Kant zu Moral, Natur und Freiheit
vor 4 Tagen
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