Es wird eine neuer Präsident gewählt und irgendwie stimmt schon an dieser Aussage etwas nicht. Neben dem beiläufigen Duktus der Schreibenden, die nur noch von "wer wird" anstatt "wer wird gewählt" sprechen, scheint das Amt selbst wieder mal einer Umdeutung entgegen zu gehen. Wulff als moralisch-normativer Einmischer? Wahrscheinlich empfiehlt er den Damen im Altersheim, sie mögen mehr Wasser in der heißen Zeit des Jahres zu sich nehmen und auf Gott vertrauen.
Zunächst: Gewählt wird hier gar nichts. Es wird abgesprochen und bestimmt. Danach muss man darauf vertrauen, dass der Parteinahe an seinem Amt wächst und auch das Establishment kritisiert.
Des weiteren: Ein Bundespräsident sollte eine PErsönlichkeit sein.. zumindest gibt es wenig Menschen in dieser Republik, die dem wiedersprechen würden. Dieses Prinzip würde mit Wulff gekippt. Ein Präsident wäre dann etwas Unauffälliges ohne Kanten, das die Welt begleitet, anstatt Marken zu setzen.
Nummer drei: Ein Mann aus der aktiven Politik in ein verfassungsmäßig relevantes Amt hiefen? Wir sind doch nicht Russland oder die USA.
Viertens: Kann der Mann überhaupt Außenpolitik? Er kann nett sein - das hat er bewiesen. Kann man ihn auch ernst nehmen, wenn er fremde Länder bereist? Er wäre doch der neue Westerwelle, bei dem man sich über den Nicht-Schaden freuen muss anstatt seine Leistungen zu bewundern.
Fünftens: Kann der Mann überhaupt Innenpolitik? Wahrscheinlich ja. Ob er jedoch die Tagespolitik wirklich verlassen kann und wirkliche "lange Linien" mit moralischer Autorität für unser Deutschsein und unseren Staat formulieren kann, glaube ich noch nicht.
Sechstens: Hat Wulff vor, in seinem Amt zu wachsen? Dafür müsste er seine Partei verleugnen und wirklich eine Idee eines föderalen Deutschland haben, das über niedersächsische Interessensvertretung hinaus geht. Weiß er das?
Siebtens: Mal ehrlich: Was ist denn das für eine Reihe? Ein Präsident mit staatstragender, weil staatsdefinierender Verantwortung (von Weizäcker) gefolgt von einem Verfassungsrichter (Herzog) gefolgt von einem frommen Gesellschafts-Schlichter (Rau) gefolgt von einem IWF-Mann mit wenig Deutschlandbezug aber ökonomischen Maximen (Köhler) gefolgt von einem nichtsagenden CDU-Mann, der wie ein perfekter Schwiegersohn die Altersheime beruhigt (Wulff).
Man muss richtig fragen: Wofür steht dieses Amt nach Wulff? Habe inzwischen das Gefühl, die Politik geht auf Abstand zur restlichen Gesellschaft: Sie kann ihr nicht trauen, keine Verlässlichkeit einfordern bzw. sieht 'erfolgreiche Politik' als die Organisation von Loyalität an. Brauchen wir einen loyalen PRäsidenten? Brauchen wir eine loyale Gesellschaft? Hat dieses LAnd nichts Besseres zu bieten als Wulff oder glaubt Merkel, dass eine gute Demokratie nichts mit Kontrollverlust zu tun hat?
Wer kontrolliert diese Frau eigentlich noch? Niemand bis zur nächsten Wahl. Man sollte trotzdem öfter mal wieder daran denken, dass der Staat nicht dafür da ist, uns zu kontrollieren: Es gibt den Rechtsstaat und die Demokratie, um uns vor dem Staat und den Mächtigen zu schützen. Auch Merkel gehört mit diesem Versuch, Probleme mit Konkurrenten auf Kosten der politischen Landschaft zu lösen zu den Mächtigen, vor denen wir uns schützen müssten. Westerwelle ist schon "a big pain in the ass". Wulff macht das "Merkel forever at any costs" zum Prinzip. Wulff wäre nämlich ihr Nachfolger geworden.
Zeit: irgendwo
Zustand: reisend
Anlass: Es sinkt für sie: Der Präsident
DISKURS: Kant zu Moral, Natur und Freiheit
vor 4 Tagen
Das war ja abzusehen: Er ist einfach als Leisetreter ins Amt geholt worden.
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