Sonntag, 25. Juli 2010

Popelige Party-Persönlichkeiten

Der trunkene Kopf macht es mir gerade nicht leicht, meine Erzählung in Worten auszuquetschen. Doch die Eindrücke sind frisch und ich will nicht den Morgen abwarten. In guter alter Gonzojournalismus-Tradition wird nun der Dekadenz ein Requiem geschrieben: Gebt acht!

Habe zu später Stunde die Feiernden besucht, die diesen Samstag nutzen wollten und sich an den üblichen Orten versammelten. Auch wenn meine Stadt es mir immerhin vergönnt, den  Menschen in äußerlicher Vielfalt über den Weg zu laufen: es war kein Fest der Inspirierten.

Vielleicht lag es an der Love-Parade, dass die Dichte der Feierpersönlichkeiten an diesem Abend ausgedünnt schien. Für mich war es natürlich sofort ein Zeichen auf größere Zusammenhänge, ein Hinweis auf eine Tendenz, die vielleicht alt, jedoch weiterhin bedauernswert ist. Es zeigte sich einmal mehr, dass der einzige Aufwand, den viele in die Kommunikation mit ihrer Umwelt investieren, ihr Aussehen ist. Stehend, trinkend, rauchend, posend. Ein gesitteter Strich des passiven Wartens und wenn es zu Gesprächen kam, so hatte das Interesse an deren Inhalten eigentlich nie die Männer-Rudel und Frauen-Kliquen verlassen, mit denen man sowieso unterwegs war. Erzählungen voller Bekanntenkreis-Alltag ohne anekdotischen Wert und ichbezogene Befindlichkeiten, die nur wirklich sehr hoffnungsvolle Notgeile interessieren könnten. Man hatte dieser Welt nichts zu sagen, außer, dass man sein Leben nach normalen Wünschen gestalten wolle.

All die jungen Menschen hatten eigene Dörfer im Kopf und waren so weltmännisch wie Dekolletés und geübte Spiegelblicke. Die Blasiertheit dominierte Begenungen mit dem Fremden und die Vorurteile gegen alles Nichtbekannte förderte die Erfolge der penetranten Fickrigen: und die Frauen wundern sich, dass sie nur schmierige Typen kennenlernen. Nur Dreistheit siegt bei den Reservierten.

Überhaupt waren Viele unterwegs, die Genderstabilisierung suchten. Keine Rollenspiele, keine Koketterie, nur dummes, dörfliches Ich-Sein mit der Hoffnung auf Eriegnisse, die im heimischen Wohnzimmer immer in der Lieblings-Soap erzählt werden. Der Alkohol, der sonst immer Garant für Spaß war, verliert in unserer Zeit wohl seine Wrikung. Der Begriff 'Freak' hat viele Phasen der positiven und negativen Konnotation hinter sich. Die Freakness war hier sicherlich nicht wilkommen. Der Exzess, den ich bei mir und einigen Freunden als erste Bürgerpflicht wusste, wurde hier in Normalität unter Kontrolle gebracht.

Ich in meinem Alter frage mich: Wie hässlich werden diese Menschen erst, wenn sie sich nicht mehr auf die Attraktion ihrer Körper verlassen können? Männer, die jeden Flirt nur als Frauenverarschung abfeiern: im Moment kann man es als forsche Jugendlichkeit ansehen, aber wie schmierig und hässlich werden sie, wenn sie irgendwann in ihrer Klicke mit Döner-Wampen durch die R'n'B-Clubs rollen und Bitches suchen? Frauen, die narzistisch abwartend nie etwas kluges zu dieser Welt zu sagen hatten: ist es jetzt vielleicht noch Unsicherheit und Selbstschutz, wie beschränkt werden sie, wenn die Macht jugenlicher Prallheit nachlässt und sie nur Selbstsucht, Eifersucht und affektiertes Denken gelernt haben?

Exzess kann anscheinend nicht jeder.. oder ich war auf den falschen Partys. Die Beobachtungen bleiben.


Zeit: nach Hause gekommen
Zustand:  Halbschlaf
Anlass: Die Partylandschaft begutachtet

1 Kommentar:

  1. Ein Text der mir aus der Seele spricht. Vielleicht ist das, was Du beobachtest nur Ausdruck der Fahrradhelmisierung unserer Gesellschaft, von der ein anderer Zeitgenosse neulich hier schrieb:

    http://www.faz.net/-01f4lf

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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!

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