Freitag, 17. September 2010

Besinnungslose Ichs (Teil 2)

Diese Überlegung mit trunkener AUfmerksamkeit ist gar nicht so kulturpessimistisch gemeint: Mann muss nur manchmal einen Ausganspunkt formulieren, um auch wirklich weiterdenken zu können (siehe Teil 1). Es geht um die Öffentlichkeit und auf welche Art und  Weise sie uns ORientierung bietet. Aber: Sind wir wirklich nur noch Bedürfnismaschinen?

Die Aufwertung unserer Ich-Bedürfnisse - so meine Überlegung - hat auch irgendeine Abwertung zur Folge. Das, was wir heute interessanterweise oft mit 'social' beschreiben, erhöht definitiv die Schlagzahl der Affekt-Angebote in unserem Leben. Die Kommunikation nimmt also quantitativ zu und man baut uns einen sozialen Reaktionsraum mit hoher Ereignisdichte. Die andauernde Selbstpositionierung der Beteiligten verändert die Sucht nach Sinn und Ego. Man ist social beschäftigt und gesellschaftlich desinteressiert. Als Zuspitzung: MAn würde einen solch selbstbezogenen, pubertierenden Jugendlichen nicht zum Bundespräsidenten machen - auch wenn er die 50 längst überschritten hat.

Diejenigen, die sonst das Geistesleben eines Landes begleiten, inspirieren, provozieren und orientieren konnten, diesen fehlt inzwischen einfach die Geschwindigkeit. Wenn sich Sloterdijk den ganzen Tag für Facebook nehmen würde, um seine Arbeit zu machen, nähme ich diese Behauptung gerne zurück.

Dem Bürgerlichen fehlt inzwischen "das Affektive" in seinem Orientierungsangebot. Seine kulturellen Produkte brauchen alle sehr viel Zeit - in der Produktion und im Konsum. Ein solch besonnene Welt gibt es nur noch selten und hat meist den Preis einer Privatschule oder eines Internats. Sein Problem ist des Weiteren: seine Produkte sind nicht dialogisch, sondern auf den selbstherrlichen Konsum einer Einzelperson im Ohrensessel ausgerichtet. So qualitativ hoch der Inhalt auch sein mag: er ist ein stiller. Es ist sogar für manche Menschen an sich widersprüchlich, dass Gutes Geschwindigkeit haben könne.

Die affektive Bedürfnisorientierung ist wohl ein Grund, warum die Menschen gefühlt länger jünger sind und hat natürlich den Nebeneffekt, dass man auch die 'Verantwortung für das Ganze' aufschiebt. Da hilft es nicht, Bücher in eine Bibliothek zu stellen und darauf zu warten, dass sie jemand findet, um unsere Demokratie wertschätzen zu können! Ohne Konfrontation mit konkreten Menschen wird sich unser Kulturgut nur als staubige Floskel halten.

Diese Erörterung kritisiert also zwei Seiten: die verblödeten, affektierten Dinger, deren Ego- und Sinnsuche sich in spontanen Orgasmen erschöpft und "das Geistige" dieses LAndes im weitesten Sinne, das die Performanz in der Bildung ihrer Staatsbürger unterschätzt und Archive und Strukturen baut anstatt auf Redner und Rhetoren zu setzen. Die Welt des ahistorischen Kulturguts ist vorbei liebe verträumte Bürger. Es hat ohne Polemik, Provokation und Pathos keinen Sinn für zukünftige Bedürfnis-Generationen. Diese Welt produziert ihr emotionales Kulturgut andauernd selbst neu und orientiert sich auch daran! Take part as long as you can!

Auch wenn die werbegestützte Aufwertung eine Abwertung zur Folge hat: Wenn die Abgewerteten sogar einmal die vermeintlich Klügeren waren, müssen Sie sich fragen, ob sie wirklich so durchdacht agiert haben, wenn sie schleichend an Bedeutung verlieren... oder einfach nur fett, satt und selbstherrlich sind und ebenfalls in ihrer eigenen Zeit verhaftet. Wer wirft hier mit Gänsefedern nach unserer Jugend...? Zurückgezogenen Mäkler ohne Verve. Man nennt sie auch Rechhätter.

Zeit: fragt nicht
Zustand: das wird schon wieder..
Anlass: Fortsetzungsromane sind eine dumme Idee.. Kommt nicht wieder vor.

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