Sonntag, 27. Januar 2013

Macht euren Scheiß allein

Ich möchte mit einem Großteil des Internets nichts mehr zu tun haben. Weil ich das Gefühl habe, dass ich dort keine Rolle mehr spielen darf. Ich als Person männlichen Geschlechts bin nun unerwünscht.

Wenn ich etwas äußere, muss ich davon ausgehen, es wird entweder als Übergriff oder zumindest als Hinweis auf reaktionäres Gedankengut gewertet. In Gesprächen schwebt gefühlt immer ein Damokles-Schwert über mir, weil eine Frau in ihrem Empfinden mit subtilen, politisch unkorrekten Annäherungen oder gar Attacken rechnen will, schlicht da ich das falsche Geschlecht habe. Hässliche Zeiten einer Moral Majority, die zum Einen in gerechtem Zorn und gleichzeitig höchster Sensibilität auch für die kleinsten eigenen negativen Erlebnisse über die Netzöffentlichkeit wacht. Ja, ich empfinde es langsam so. Ja, dieses Empfinden hat Relevanz, allein, weil ich es empfinde. Dieser Wust an negativen Männergeschichten, die längst das Thema Sexismus verlassen haben und jede unerwünschte Anmaßung eines Gegenübers mit in die Abrechnung mit einbeziehen, auch die unsäglichen sexuellen, körperlichen. Dieser Wust vom kleinsten zum größten Vorfall wird niemals als Gewalt gewertet. Er ist in den Augen der Autorinnen gerecht, eine späte Strafe für einen konkreten Schuldigen. Dieser jenige sitzt idealerweise gerade vor seinem Display und bildet sich selbst ausgiebig im Archiv der weiblichen Traumata. Nein, dieses Gesamtbild vom modernen Mann ist keine Art von Gewalt. Es ist gerechtfertigt und längst überfällig. Denn Männer sind, wie Männer sind.

Die Verantwortung für dieses erneut zutage getretene Bild liegt bei uns Männern. Unsere Komplexität und Vielschichtigkeit spielt hier zur Abwechslung mal keine Rolle, denn wir sind für den schlimmsten und den beiläufigsten Vorfall zuständig und bitte auch damit gleichzusetzen. Es hilft auch nicht, sein Leben lang verlässlich für die Sorgen, Unsicherheiten und Chancen von Frauen dagewesen zu sein, sich dort idealistisch alltagspolitisch für starke Frauen engagieren, sich für jede Persönlichkeit zu freuen, wenn sie zu recht über Dir steht, fähiger ist als Du, es ihr leicht zu machen, damit sie die existierenden Hürden für Frauen in Beruf und Gesellschaft überwindet. All dies gewachsene Vertrauen und der liebevolle Umgang ist zu recht nicht der Rede wert, denn richtige Politik macht man mit Abziehbildern und der Überwachung dieser simplen Wahrheiten. Jede muss von den bösartigen Geschichten auf einen einzelnen Mann schließen dürfen, oder wie suggeriert: auch müssen. Dies ist gewollt. Es nennt sich Sensibilisierung. Und wo der einzelne Fall noch für einen Aufschrei-Tweet ausreicht, dort darf der einzelne Mann mit seinen Emotionen und Gefühlen natürlich nicht mehr existieren: Er taugt in dieser Debatte einfach nichts.

Ich möchte mit einem Großteil des Internets nichts mehr zu tun haben. Es wundert euch wahrscheinlich nicht mal, dass der böse Mann sich für euer berechtigtes Misstrauen nicht mehr vor den Wagen spannen lassen möchte. Sucht euch andere Projektionsflächen für euren Hass als mich. Ich bin raus.

Ist das schade? Ich könnte zumindest noch über vieles schreiben: Den Diskurs (Foucault), Kodetermination, Vertrauen als Basis für Kommunikation, Evidenzproduktion und Macht an sich, den Machtkampf und den Sinn des umgedrehten Spießes im Mem Mann/Frau, den Sexismus eben. Doch ich werde dies ab heute nur noch mit echten Menschen besprechen, nicht mit Personen, die selbstgerechte Ankläger ganzer Geschlechter - ob für oder gegen - sind. Macht euern Scheiß alleine, reduziert eure Mutter!

Ich habe eure aufschrei-Tweets nie gebraucht, um Sexismus zu erkennen und zu benennen. Entscheidend is aufm Platz. Ich war und bin draußen, scheiß Meta-Rache-Wohlfühl-Netz.

Viel Glück, Du pseudo-intellektuelles Internet. Ich bin raus aus deiner Sexismus-Debatte. Als Mann muss ich in dir hyper-souverän sein, darf in meinen Handlungen keine Unsicherheiten mehr zeigen, geschweige denn Fehler machen in der Kommunikation mit dem anderen Geschlecht. Ich kenne nun keine Stadien des Werdens und Lernens dazwischen mehr, bin als Mann für Unsauberkeit, Pubertät, für jede Schwäche und alles Unstabile, Phasenhafte vor dem Zeitgeist anklagbar. Ich bin für jegliches Scheitern verantwortlich. Der Versorger par excellence. Sexistische Kackscheiße. Merkt ihr nicht.

Mein Stolz und meine Ehre hängt zumindest davon ab, dass ich all dies nicht bin. Ich bin ein Mensch, und wie alle einer derjenigen, der das mit dem Übermenschen höchstens versucht, nicht darauf verpflichtet werden kann. Ich mache Fehler und bin emotional auch nicht sehr stabil - wie dieses Blog gelegentlich belegt. Und so werde ich wohl weiterhin nicht ein Mann eurer Träume sein, sondern stolpern und mir das erlauben. Irgendwie seid ihr hier das Klischee: Ihr macht es euch selbst.

Zeit: alle negativen Erfahrungen von immer auf einmal
Zustand: Anscheinend immer schon überflüssig (zur Zeit: Bier)
Anlass: Zeigefinger beherrschen die Welt

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