Montag, 22. April 2013

Fazit der Trunkenheitsforschung

Die Idee eines einzelnen Seins ist eine Illusion. Unsere Schwankungen haben ihre Wirkung auf den Inhalt und die Stoßrichtung unserer Worte: Man will eines Themas, einer Erfahrung habhaft werden und braucht dafür auch die Emotion. Denn menschliche Haltungen sind im Kern keine Argumente, wie uns der rationale Geist manchmal vorgaukelt, nein, sie sind oft nur eine inbrünstige Reaktion auf uns provozierende Ereignisse, die wir erleben und fassen wollen. Wir müssen uns zu solchen Erlebnissen verhalten - nur kommt es meist nicht dazu, nüchtern wie wir sind. Dieses Blog wollte das kontrollierte, einzelne Sein überwinden. Ist es gescheitert?

Das ist die völlig falsche Frage und zeigt, dass der Leser noch nichts verstanden hat. Wer ein Ziel verfolgt, war auf dieser Seite immer vergebens, denn sie wollte nie irgendein Ende oder ihm gar dienen. Erst dieses Fazit ist somit ein Moment des Scheiterns dieses Blogs. Immerhin: Es gab eine vage Methode, wie die hiesigen Beiträge verfasst wurden und diese hieß schlicht ‘Alkoholkonsum‘.

Die Aufregung, die mancher Beitrag großspurig inszeniert, wäre ohne einen gewissen Pegel nicht denkbar gewesen. Das Bier und andere Getränke sorgten für eine lockere Zunge und pathetisch drängende Formulierungen, die sich mit der üblichen Sprachüberforderung durch flüssige Drogen messen wollten und diese als Entschuldigung auch immer hinter sich wussten. Ein süffiger Ort, an dem Unfairness leben durfte und meine Emotionen den Ausgang jedes Textes genervt erörterten. Aber ging es hier lediglich um den gerechten Zorn wie in jedem anderen Blog auch?

Ein sehr bürgerlicher Aspekt, dieser gerechte Zorn, geht er doch von einem lohnenden Diskurs über den Diskurs aus. Diese angeblich gerechte Geste setzt voraus, dass man sich gegenseitig sehr ernst nimmt, sich selbst auf eine Aussage verpflichtet - zumindest auf das, was man schreibt - und Kontinuität für ein einzelnes bürgerliches Sein pflegt und akzeptiert. Das Ausrutschen, wie es hier regelmäßig in Kauf genommen wurde, steht diesem kontrollierten Sein natürlich entgegen. Und trotzdem schleift man immer weiter seine Haltungen für das reale Rollenleben. Aber auf Drunken News durfte dieser Moment der Selbstjustierung scheitern. Er fand in einem impulsiven, halbbewussten Delirium statt, das einen am nächsten Morgen immer staunen lässt. Ja, ein selbstgerechter Zorn ist der größenwahnsinnige Stil vieler Blogposts, ließ sich an diesem Ort beim zweiten Lesen am Tag danach aber nie ganz aufrecht erhalten.

Ob nun selbstbewusste oder selbstverzweifelte Äußerung: Es ging hier um eine emotional begründete Meinungsfreude und die Disziplin, nicht allen Spuk nach den Saufgelagen mit in die Welt der Träume zu reißen, sondern ihn auszusprechen. Es war nicht immer leicht, denn man ist müde, wenn man seine Wohnung nächtens endlich erreicht. Oft wollte ich mit meinen Eindrücken lieber im verdienten Schlaf versickern, bin auch gelegentlich beim Schreiben eingeschlafen, um beim nächtlichen Aufwachen auf dem Sofa sofort weiterzufaseln. Ein völlig absurder Ehrgeiz. Hätten nicht über Twitter ein paar Leser den Weg zu mir gefunden, ich hätte den Schlafentzug als sinnlosen Masochismus verbuchen müssen.

Aber ich war mir bewusst, dass niemand dieses Experiment versteht. Ich hätte gerne mehr Mitstreiter gehabt, aber das Risiko war den meisten Freunden zu hoch. Sie kennen anscheinend nur Texte, für die man sich sein Leben lang ernst nimmt. Sie sahen keinen Sinn darin, zu fallen und sich der emotionalen Innereien bewusst zu werden, ein Gefühl gegenüber Fakten einfach mal zuzulassen, Schwäche statt unangreifbare Argumentationen anzustreben. Dass es bei Politik durchaus darum geht, für eine Sache allein Kraft seines Menschseins einzutreten, das war die Übung dieses Blogs. Ich danke allen, die es hier versucht haben und schließe diese Seite nun für mich. Es gibt neue Gonzo-Projekte

Es grüßt euer
Felipe D. Gonzo

Medienbestien
Phänomenologie der Empörung
Narratives Desinteresse
Poetische Erfahrung
Was ist Soulfood?
Mehr oder Weniger

Zeit: vorbei
Zustand: post-irgendwas
Anlass: Muss mehr Blogs töten. Muss mehr Blogs töten. Muss mehr...

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Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen kritischen Leser in der Auseinandersetzung 'back to their own track' zu kommen. Man beachte hierbei, dass der Kontrollverlust Teil des hiesiegen Konzepts ist. Wir geben uns also zwangsläufig viel Mühe, Kommentare zu provozieren: so hat möglicherweise jeder was von den Drogen! Welcome!

Copyright

Auch wenn es mir widerstrebt, die Nutzung von Wortfolgen durch eine Lizenz zu beschränken, muss ich dies notgedrungen tun. Anlass hierfür ist der Contentklau eines kommerziellen Anbieters, der Ergebnisse des Googlebots als Postings auf seinem Blog ohne Rücksicht auf bestehende Lizenzen veröffentlicht und diese auch noch selber unter cc (by-nc-nd)-Lizenz stellt. Alle Text-Inhalte dieser Seite stehen somit ab sofort und rückwirkend unter creative commons (by-nc-sa).

Als Quelle ist immer "drunken news" zu nennen.

Glücklicherweise war das Weblog, das diesem Verfahren ausgesetzt war, bereits mit einer cc-Lizenz ausgestattet.

Das automatisierte Verfahren des oben genannten Anbieters funktioniert wie folgt: Er ruft aktuelle Sucheingaben bei Google ab (im Falle dieses Blogs z.B. "drunken news"), crawlt den Content des ersten Inhalts/Postings, veröffentlicht diesen auf seiner Seite in quasi-zitierter Form, behauptet, der Content wäre von dem jeweiligen Blogger (mit Namensnennung) auf seiner Seite geschrieben worden, verlinkt den Suchbegriff auf seiner Hauptseite mit dem geklauten Inhalt in seiner Seite. Da seine Seite SE-optimiert ist, werden besonders bei kleineren Blogs seine geklauten Inhalte höher gerankt und führen somit zu Fehlclicks auf die falsche Homepage.