Freitag, 5. Oktober 2012

Fliegende Werke. Endwurf

Mir fehlt das Geräusch zusammengeknüllten Papiers. Die Zerstörung einer Skizze. Der Neuanfang einer Notiz. Das Brutale dieser übertriebenen, energischen Geste unnötig vernichteten Papiers. Es soll Menschen geben, die das Volumen ihres Papierkorbes lieber mit ungeknüllten Blättern füllen: Für mich sind sie kunstlose Gesellen, die der Verschwendung eines Versuches keine Emotionen widmen, niemals mit Herz bei ihrem Werk zugegen waren. Was wollt ihr in dieser Welt? Nüchternen Ernst.

Legitime Gegenfrage: Was will ich in dieser Welt außer die Wut über misslungene Experimente? Gehen meine Würfe Richtung Mülleimer über das Scheitern hinaus? Ich schreibe hier betrunken, ich will sehr offensichtlich stolpern, unbedingt. Kann dies Lebenssinn sein, oder anders gefragt: Wie lange will der Mensch wirklich lernen? Es gibt selbst bei mir gelegentlich Momente, in denen die Ironie schwer fällt, denn ich schenke zu viel. Wer immer nur gibt, Mitmenschen Selbstverständlichkeit vorlebt, wird nie ernten - "war nett. tschüss." - wird lediglich konsumiert.

Arbeite ich im Geheimen überhaupt noch an Erfahrungen, oder gibt es bald diesen Moment, in dem alles umkippt, in dem die Form-Experimente reine, aus innerer Zerrissenheit geborene Provokationen gegen die Welt und den eigenen Status Quo werden? Will ich, muss ich noch lernen? Ist mein Werkzeugkasten nicht längst ausreichend gefüllt. Ich wüsste nicht, welche text-sprachliche Übung ich nicht durchexerziert hätte. Welche wissenschaftliche Demut bin ich noch bereit zu leben, wenn mir die Selbstironie zum Scheitern fehlt?

Die Geste des Forschens wäre eine Farce, mein Schreiben lediglich ein inszeniertes Drängen auf neue Formen, neue Wege, neue Schlüsse. Will ich den kompletten Kosmos, den ich im Netz geschaffen habe, wirklich weiter als Referenz, als Beweis für Arbeit an Expertise pflegen, oder meine Erkenntnisse als Stille Erfahrung nehmen und einfach aussteigen? Muss ich für diese Welt ohne Menschenkenntnis weiterhin Objekte, Fußnoten schaffen, damit sie meinen Gedanken Gehör schenkt?

Verweist der 'Neue Künstler' noch auf seine Werke, oder ist er nur noch Performanz? Es wäre das reine Schenken, gelebte Selbstverständlichkeit, ohne Produkte und Vergangenheit. Irgendwie scheint es mein bitteres Schicksal. Mir fehlt langsam die Kraft. die Energie, die nie ernten muss und nur gibt. Und doch will und kann ich nicht daraus lernen.

Also flüchte ich mich in jede Kunst, investiere in Experimente, um etwas anderes zu lernen, als dass die Welt keine Menschen braucht, verliere mich in den Zeichen als ephemere Skizzen zukünftigen Wissens, schreibe das Vage, Gescheiterte, Unbefriedigende als Ergebnis und Beweis sichtbar ins Netz, bevor ich diesen bekritzelten Zettel zusammenknülle, wütend, frustriert, hilflos aber nicht nüchtern, und werfe. Es wird niemanden interessieren. außer diejenigen, die das Volumen meines Abfalls für die Mülltonne optimieren wollen. Ich bin lediglich Verschwendung. Mehr höre ich nicht.

Zeit: Müll muss raus
Zustand: trunkenes Scheitern for your entertainment
Anlass: Werkloses Sein für mehr Eremiten

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