Dienstag, 25. Dezember 2012

Sind wir sendegemästet?


Weihnachten war komisch. Es wurde sich nicht mal gestritten während der Vorbereitungen oder bei Tisch, es kamen niemandem wütend die Tränen. Doch der schöne Schein trügt. Klar, wir hatten unseren Spaß bei der Arbeit, beim Kochen, Putzen, Spazieren gehen und ja, auch das mit den Geschenken war ein netter Moment. Aber es war nicht nur der fehlende Stress, der diese Weihnacht zum Schlechten veränderte; es waren die Gespräche, die in Vertrautheit nur so stumpften.

Jeder schien auf seine Weise erschöpft vom Jahr. Man hatte sich recht häufig gesehen und wie immer bei nah aufeinander folgenden Familienfesten, ging einem irgendwann der Gesprächsstoff aus. Die Belustigung wurde ein härteres Geschäft und Diskussionen, die man begann, endeten in den gleichen Positionen, die man erwarten konnte.  Das Spiel schien ausgespielt. Dabei waren die alten Feste immer Momente des Sendungsbewusstseins. Es wurden durchaus gegenteilige Meinungen ausgetauscht und nachvollzogen, man erklärte sich seinen Teil der Welt und gewann seine Haltungen. Die Zukunft schien noch etwas Reales zu sein. Nicht diese Weihnacht, denn wir alle brauchten die Ruhe im dortigen Jetzt.

Wir alle waren durchaus dünnhäutiger und gleichzeitig latent gleichgültig am Austausch interessiert. Das einzige, dass uns im Reden nach vorne brachte, war das Senden, das Statement des unabrückbaren Eigenen, ein monarchisches Denken des Verkündens, der Feststellung. Ich glaube, das Rezipieren wird in ermüdeten Gesellschaften überschätzt. Die Interface unserer Medien kommen uns da sehr entgegen. Nichts ist kraftneutraler, als die Formulierung des eigenen Seins, alles andere ist für den überlasteten Menschen tatsächliche Arbeit, wenn das Gegenüber klare Meinungen vertritt. Wollen wir wirklich noch lesen bzw. empfangen? Mal ehrlich.

Ich meide gerade mein Twitteraccount und spüre in mir selbst den steigenden Drang, zu posten, in einem Umfeld zu agieren, das mir standardisiertes Feedback, messbare Wirkung, Interaktionen verspricht. Dass solche Kanäle nicht die Ursache für Lethargie, sondern eher Symptom für dieses ‘nicht aufnehmen wollen’ sind, davon bin ich inzwischen überzeugt. Bei immer mehr Informationen und Medienanlässen eine unintuitive Analyse. Doch die Flut erlaubt uns, nur noch uns selbst zu senden und die soziale Arbeit der Kommunikation beliebig, je nach Laune zu ignorieren. Das bürgerliche Ich setzt seinen Siegeszug fort. Die Selbstsucht ist kein leeres Wort, sie war die Realität jeder Jugend seit je her. Aber unsere Generation hat die Medien, um sie flächendeckend zu perfektionieren und uns von jeder lokalen Verantwortung zu lösen. Nun schweben die medial aufgehübschten Menschlein über der Erde und haben das ver stehen verlernt.

Ich persönlich meide bewusst “schöne” junge Menschen für das Gespräch. Ich vergesse dieses Vorurteil zwar bei jeder Gelegenheit, aber in diesem Text am Ende des Jahres habe auch ich mal das Recht auf etwas Müdigkeit in meinen Ausführungen …sendet mal ne zeitlang ohne mich, ihr digitalen Kopien.ohne Bedürfnis nach schwieriger sozialer Realität. Irgendeine Photosammlerin wird euer Ego mögen und Euch akzeptieren, so denkfaul ihr auch seid. Selbstverliebte Ichs sind euer Kapital. Sendet sie hinaus in die Welt, trainiert eure innere Monarchie, feiert die Exklusion der Zwänge und baut euch Clubhäuser, um isoliert, mitten unter Gleichgesinnten mental zu veröden.

Senden.


Zeit: Heiligabend nachts, vor dem Senden.
Zustand: Sekt und Selters. und Rotwein.
Anlass: Die Müdigkeit und das Gespräch

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